Projekt 15er
Die Schüler des Fachbereichs Metall entwickelten im Laufe des Schuljahres großes Interesse und wollten ein umfangreiches Projekt realisieren.
Nach längeren Gesprächen kristallisierte sich der Wunsch heraus, einen Steyr – Oldtimertraktor komplett zu restaurieren.
Nach umfangreichen Recherchearbeiten wurden wir fündig. In Wahrheit hatte die Projektarbeit bereits begonnen, bevor der Traktor überhaupt im Haus war. Viele Schüler beschäftigten sich in der Mittagspause und in der Freizeit mit der Internetrecherche. Zudem studierten die Jugendlichen Inserate aus einschlägigen Fachzeitschriften in der Schule.
Es wurden Fachgespräche geführt und wir konnten miterleben, wie eine ausgeprägte Teamarbeit entstand. Ganz unbewusst arbeiteten die Schüler auch an ihrer Persönlichkeit. Es wurde ein sehr wertschätzender Umgang miteinander praktiziert und es fand eine Zielvisualisierung statt: Die Schüler wollten einen 15 er Steyr Traktor reparieren!
Nach einer umfangreichen Organisation war es schlussendlich so weit. Das genannte Fahrzeug wurde in die Schule geliefert.
Stark reparaturbedürftig und mit komplett verbogener Kühlerhaube übernahmen wir das Fahrzeug. Bei den ersten Arbeiten traten bei manchen Schülern Fähigkeiten und Begabungen ans Tageslicht, die wir das ganze Jahr so noch nicht erkennen durften. Es bildeten sich Teams, die sich für spezielle Arbeiten am Traktor meldeten, ganz nach den Interessen und Talenten. Das entspricht auch der Philosophie der Schule die lautet: „Stärken stärken um Schwächen zu schwächen“.
An der Polytechnischen Schule Neufelden gilt es zuerst die eigenen Stärken zu finden und anschließend ständig weiterzuentwickeln. Dazu war das Projekt der perfekte Rahmen. Die Schüler hatten gesehen, dass es durch eine permanente Weiterentwicklung in den talentierten Bereichen zu vielen Erfolgserlebnissen kommt.
Durch diese positiven Ereignisse steigt automatisch das Selbstwertgefühl bei den Jugendlichen und sie vermindern dadurch ihre Schwächen.
Die Schüler erhielten durch diese spezielle Projektarbeit die Bestätigung, dass sie alle die richtige Berufswahl für ihre spätere Zukunft getroffen hatten, denn der Eintritt ins Lehrverhältnis stand unmittelbar bevor.
Schritt für Schritt demontierte die Projektgruppe die Blechteile am Traktor. Zugleich begannen sie mit der Motorreparatur. Dabei wechselten die Schüler unter fachkundiger Anleitung bei der Kurbelwelle den Radialwellendichtring und dichteten die Seitendeckel des Motors neu ab. Die Zylinderkopfdichtung musste ebenfalls getauscht werden. Anschließend mussten die Ventile neu eingestellt werden und die Jugendlichen erneuerten die Ventildeckeldichtung. Sehr interessant war das Kennenlernen eines Öl – Drehfilters alter Bauart.
Immer wieder versuchte Fachlehrer Günter Hartl Querverbindungen zur heutigen Technik herzustellen. Z.B. Vergleich Zylinderkopfdichtung vom einzylindrigen Steyr zu beispielsweise Sechzylindermotor modernerer Bauart. Auch die Zapfwellenabdichtung musste erneuert werden. Dabei wurde der alte Filzring gegen einen „modernen“ Radialwellendichtring getauscht.
Bei diesem Projekt konnte den Schülern bei der Überprüfung der Radlager gezeigt werden, dass es früher nicht üblich war, beschädigte Teile sofort zu tauschen. Beim ersten Hinsehen hatte man den Eindruck, dass die Lager sofort gewechselt werden müssten. Doch Technikcoach Martin Kainberger, der selbst eine Lehre in einer Steyr – Fachwerkstätte absolvierte, belehrte uns eines Besseren: Früher wurden Radlager so konzipiert, dass die darin verbauten Kegelrollen nachgestellt werden konnten. Bei unserem Projekttraktor war das ebenfalls der Fall und so war es möglich, die Lager neu einzustellen. Ein Wechsel war somit nicht notwendig.
Der Traktor war zu diesem Zeitpunkt technisch fertig repariert. Viele Schüler durften praktisch mithelfen und die gelernte Theorie in der Praxis anwenden. Kindern mit Lernschwierigkeiten wurde der theoretische Lehrstoff von den Mitschülern anhand des Anschauungsobjektes noch einmal erklärt bzw. wiederholt. Diese Individualisierung des Lernens war in der Kleingruppe gut möglich.
Im Anschluss mussten die einzelnen Blechteile des Traktoroldtimers ausgebogen, geschweißt geschliffen und für den Lackiervorgang vorbereitet werden. Dies erfolgte parallel in der Metallwerkstätte der Schule. Für die Lackierarbeiten wurden alle Einzelteile in einen benachbarten Gewerbebetrieb überstellt. Beim Lackieren übernahm der Lehrlingsausbildner den praktischen Unterricht.
Anschließend montierte das Projektteam alle lackierten Teile. Das Entlüften der Kraftstoffanlage konnten die Schüler hautnah miterleben.
Den Abschluss der Restaurationsarbeiten bildete die Elektrik: Batterieeinbau, Kabelstränge verlegen, Beleuchtung reparieren (Reflektor tauschen) und montieren.
Der Probefahrt stand somit nichts mehr im Wege…